Erst wenn es ganz still in uns ist, finden wir das, was wir suchen.
- Olga

- 3. Sept. 2023
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Nov. 2023

2019 war ich längere Zeit in Asien. Ich hatte eigentlich erst vor Kurzem begonnen, in einem Angestelltenverhältnis in einem großen Konzern zu arbeiten, spürte aber bereits nach kurzer Zeit, dass es sich irgendwie nicht so anfühlte, wie es sollte. Nach sechs Jahren Studium und der Freude über das erste Gehalt klang der Hunger nach Aufstieg und Erfolg ernüchternd schnell ab. Zurück bleib der Eindruck, nicht in diese Welt hineinzupassen, anders zu denken, als die Menschen um mich herum, andere Werte und andere Träume zu haben, nicht nach dem zu streben, nach dem die anderen strebten.
Ich war damals rastlos, fühlte mich verloren und ohne Perspektive. Ich zweifelte an meiner Person und daran, ob ich stark genug für die Leistungskultur unserer Arbeitswelt sei. Ich fand mich wieder in endlosen, unsinnigen Meetings und zwischen freudlosen Gesichtern. Zu dieser Zeit dachte ich häufig, dass ich mich einfach nur stärker anstrengen müsse, um in das System hineinzupassen. Ich arbeitete mehr und härter und länger. Gehaltserhöhungen folgten Jobangeboten. Doch egal, wie sehr ich es versuchte, eines blieb aus: das Glück. Egal was ich tat, es fühlte sich zu keinem Zeitpunkt authentisch und nach mir an. So verbrachte ich lange Abende mit der ziellosen Recherche nach Stellenanzeigen, schrieb große Blätter Papier mit alternativen Beschäftigungsformen voll und hakte die Tage im Kalender bis zum nächsten Urlaub ab. Dass dies kein Zustand für den Rest meiner beruflichen Laufbahn sein könne, war offensichtlich. Ich wollte keines der freudlosen Gesichter aus den endlosen Meetings werden.
Während meiner Reise durch Asien hatte ich Gelegenheit viel für mich zu sein. Ich hatte Zeit zum Nachdenken und um in mich hineinzuhorchen. Ohne den ganzen Alltagstrubel und die Ablenkung von außen wurde es still um mich herum und letztendlich auch still in mir drin.
Wenn der Trubel im Außen pausiert und unser Geist nicht ständig mit Aufgaben und Eindrücken abgelenkt wird, können wir erstmals unsere Gedanken und das Wirrwarr im eigenen Kopf richtig wahrnehmen. Wenn es still im Außen wird, wird es in unserem Inneren zunächst sehr laut. Wenn wir mutig genug sind, uns dem zu stellen, was in diesem Moment in uns aufkommt, dann erlauben wir unserem Geist, sich zu sortieren, zu verarbeiten und neue Perspektiven zu erkennen, die bislang nicht sichtbar waren. Halten wir diesen Prozess durch und stellen wir uns dem, was er zutage fördert, so werden wir mit einer wohltuenden Ruhe belohnt. Dann wird es endlich auch still in uns drin. Das ist der Moment, in dem Klarheit den neu geschaffenen Raum füllt.
Als ich meine Reise beendete und zurück nach Deutschland kam, wusste ich, wie meine Vision von meinem Leben aussieht. Ich konnte mir zum ersten Mal ehrlich eingestehen, dass ich mir keine Konzernkarriere wünsche und war bereit den Glaubenssatz loszulassen, dass jeder andere Weg das Eingeständnis wäre, versagt zu haben. Ich hatte in mir etwas anderes gefunden. Etwas, das schon immer da war, das ich nur vorher nie wahrgenommen habe oder noch nicht wahrnehmen wollte. Etwas, das anfangs noch ganz klein war und seither immer größer wird. Erst dadurch, dass ich absolut still geworden bin, habe ich erkennen können, was in mir ist, welche Wünsche dort schlummern, was mir wirklich wichtig ist und was mich begeistert. Ich habe mich den Tatsachen, die mir eigentlich schon seit Langem bewusst waren, gestellt und wurde belohnt.
Nach meiner Rückkehr habe ich nach Feierabend Schneidern gelernt und zum ersten Mal ein Kleidungsstück selbst entworfen und genäht. Als ich es anschließend anzog und mich im Spiegel betrachtete, überkam mich ein so starkes Gefühl von Glück, wie ich es noch nie vorher gespürt habe. Es fühlte sich warm und strahlend und absolut richtig an. Und da war noch etwas: das Gesicht, das mich aus dem Spiegel heraus anlachte, hatte ich so noch nie gesehen. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich mich selbst so bedingungslos glücklich gesehen.
Seither sind mehrere Jahre vergangen. Ich habe viele kleine Schritte getan, die mich meinem Ziel Stück für Stück näherbringen. Ich lerne jeden Tag etwas Neues und ich genieße die innerliche Entwicklung, die so vieles in mir verändert, wie ich es mir nie hätte vorstellen können. Ich bin noch längst nicht dort, wo ich hin möchte. Aber bereits der Weg dorthin fühlt sich so viel authentischer und besser an, als jeder einzelne Tag meiner Konzernkarriere.
Warum ich diese Geschichte teile? Sicher, ich erzähle gerne Geschichten und insbesondere solche, die mit Reisen in ferne Länder zu tun haben. Speziell diese Geschichte möchte ich aber teilen, weil ich von ganzem Herzen hoffe, dass sie Menschen erreicht, die vielleicht auch so fühlen, wie ich gefühlt habe, bevor ich wusste, wie ich mir mein Leben wünsche. Ich hoffe, dass ich durch diese Geschichte auch andere Menschen dazu ermutigen kann, sich dem Trubel ihrer Gedanken zu stellen, sich selbst richtig zuzuhören und so das zu erkennen, was schon immer in ihnen war. Etwas, das heute vielleicht noch ganz klein ist, aber immer größer wird, wenn man bereit ist, es zuzulassen.
Wenn Du mehr über meine Vision erfahren möchtest, schau auf meiner "über mich"-Seite vorbei: über mich: über mich
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